28. Tag = Seetag mit medizinischen Notfall
Heute am zweiten Seetag meldet sich der Kapitän der AIDAmar Herr Kapitän Manuel Pannzek um 9:30 Uhr mit folgender Durchsage: „Wie einige Passagiere von Ihnen sicherlich schon gemerkt haben, haben wir umgedreht, weil es an Bord eine medizinischen Notfall gibt und wir den nächstgelegenen Hafen anlaufen. Wir danken für Ihr Verständnis und melden uns in Kürze mit weiteren Informationen.“
Bei einem Todesfall wird bei bestimmten Kreuzfahrtgesellschaften der Code „Operation Bright Star“ verwendet.
In AIDAmar hat in einer grossen Schleife um 180° gedreht und aktuell fahren wir jetzt anderthalb Tage wieder zurück in die Karibik.
Es ist jetzt 16:45 Uhr, aber wir haben noch nicht erfahren, wohin die Reise geht. Wir haben auch noch nicht erfahren, wann es wieder weitergeht. Und wir haben noch nicht erfahren, welche Häfen weggelassen werden. Denn es ist ja fest davon auszugehen, dass AIDA am 10.04.2024 auf jeden Fall in Hamburg einlaufen wird, weil ja an dem Abend die nächsten 2.190 Passagiere dort schon erwartungsvoll und fröhlich auf Ihre Abfahrt in die Karibik warten.
Auch einen Tag später am nächsten Morgen wissen wir Passagiere weder WOHIN in der Karibik wir fahren noch wie die Reise weiter geht. Das finde ich NICHT in Ordnung!
4 Menschen auf dieser Reise verstorben
Auf dieser Reise der AIDAmar sollen bereits vier Menschen verstorben sein. Die offensichtlich vergeblichen Wiederbelebungsversuche am Kai von St. Kitts habe ich ja selber gesehen, denn auch 30 Minuten nach dem Beginn der Wiederbelebungsversuche wurde immer noch reanimiert = ein ganz schlechtes Zeichen.
Zudem soll eine deutsche Frau beim Schwimmen am Strand in Tortula mit einer Voll-Gesichtsmaske ertrunken sein. Und zwei Mitreisende sollen in Ihren Kabinen eines natürlichen Todes gestorben sein. Das hat man mir beim Frühstück geflüstert. Ob das wirklich wahr ist, wird mir von AIDA sicherlich Keiner bestätigen.
Heute fahren wir wegen einer Person anderthalb Tage zurück, bleiben sicherlich einen halben Tag am Kai und fahren dann die gleiche Strecke wieder zurück. In 4 Tagen sind wir also rechnerisch wieder dort, wo wir auf dieser Reise schon einmal waren.
Wer ist an Bord?
An Bord der AIDAmar sind ja auf dieser Tour außerhalb der Schulferien 90% der Personen Rentner, die alle ihre Blessuren, Verwundungen und Krankheiten mit an Bord bringen. Und welche Arbeitnehmer hat schon 44 Tage Urlaub im Jahr? Dass es bei dieser Gemengelage eine erhöhte Sterbequote gibt, ist sicherlich unbestritten. Das muss man neben den Emotionen ganz realistisch mathematisch sehen.
11 Todesfälle in einem Jahr allein bei TUI-Cruises
Bei TUI Cruises gab es im Zeitraum von April 2018 bis April 2019 insgesamt elf Todesfälle an Bord von sieben Kreuzfahrtschiffen mit mehreren Hunderttausend Gästen im Jahr.
Quelle: https://www.welt.de/reise/Fern/article197360653/Wenn-Kreuzfahrt-Passagiere-an-Bord-eines-Schiffes-sterben.html
Ihr könnt euch sicher sein, dass der Peter ein Herz hat und jedes Lebewesen wertvoll ist!
Nichthaftungsklausel
An Bord des Katamarans beim Ausflug „Schwimmen mit Schildkröten“ mussten alle Passagiere eine Nichthaftungsklausel bei Unfall und Tod unterschreiben.
Ich kenne die genauen Regeln von AIDA oder anderen Kreuzfahrtanbietern nicht. Aber mein Vorschlag ist es, jeden Passagier ebenfalls eine solche Erklärung unterschreiben zu lassen, das im Falle einer lebensbedrohenden Krankheit das Schiff eben nicht umdreht.
Ich bin kein Rechtsanwalt und kenne mich mit Haftungsfragen in Millionenhöhe nicht aus. Dazu fragt Ihr lieber Euren Arzt oder Apotheker.
Aber der Aufwand, das große Kreuzfahrtschiff AIDAmar zwei Tage hin und zwei weitere Tage her fahren zu lassen, ist sicherlich auch nicht günstig. Wer bezahlt eigentlich diesen Aufwand? Und wer bezahlt eigentlich den Ausfall von Häfen? Werden wir die Azoren nicht anlaufen oder wird Lissabon wegfallen?
Ist das wirklich höhere Gewalt?
Und wie oft wird hin und her gefahren? Wenn jetzt dieser Patient im Krankenhaus auf den Antillen abgeliefert ist und wir wieder zwei Tage in Richtung Europa zurückfahren und der nächste Herzinfarkt kommt, wird dann wieder umgedreht und wieder in die Karibik zurückgefahren?
Natürlich ist das ein philosophisches Problem. Und eine menschliche Tragödie natürlich auch. Jeder möchte, dass für seinen Angehörigen ALLES getan wird. Aber jeder kennt auch das Risiko 44 Tage lang als 70, 75, 80 oder 85 jähriger hier an Bord der AIDAmar unterwegs zu sein. Das Leben ist endlich. Sorry. Das ist die unumstössliche Wahrheit.
Was passiert eigentlich mit dem verstorbenen auf einer Kreuzfahrt?
Dafür gibt es tatsächlich auf jeden Kreuzfahrtschiff einige Kühlkammern in die solche Kunststoffsärge, wie man sie aus jeden guten Krimi kennt, eingeschoben werden können.
Diese Fächer befinden sich in der Regel im Hospitalbereich der Schiffe. Die alte Mär, das Leichen neben den Kühlräumen für Lebensmittel aufbewahrt werden, ist Unfug.
Denn das ist ja weltweit auf Kreuzfahrern ein alltägliches Problem, weil ja die meisten Kreuzfahrer eben Senioren sind.
Wo bleibt der Sarg ab?
Wenn ein Schiff einen Hafen anläuft, muss die Schiffsleitung die so genannte Seegesundheitserklärung ausfüllen– ein Formular mit Fragen, ob es Menschen mit ansteckenden Krankheiten an Bord gibt oder ob jemand während der Seereise gestorben ist, und zwar nicht bei einem Unfall.
Unabhängig von Todesfällen gehen bei jedem Schiff, das an der Pier festgemacht hat, als Erste der Zoll und der hafenärztliche Dienst und die Wasserschutzpolizei an Bord. Sie prüfen alle Papiere und erteilen dann die Freigabe des jeweiligen Schiffes. Weil das teilweise etwas langer dauert, hat uns unser Kapitän Manuel Pannzeck in einigen Häfen darüber informiert, dass das Schiff noch nicht freigegeben sei und man erst in einer halb guten halben Stunde von Bord könne.
Der Sarg wird im allernächsten Hafen dann den Behörden übergeben. Dazu ist es nicht erforderlich, den nächstgelegenen Hafen extra anzulaufen. Der nächste Hafen ist in der Regel der nächste geplante Hafen. Oft ist es der Hafenagent, der sich mit einem örtlichen Bestatter zusammen, um die Rückführung der Leiche im Flugzeug kümmert. Gut, wenn man dann eine Auslandsreise-Krankenversicherung hat.
Herzliche Anteilnahme
Für alle Hinterbliebenen tut mir jeder Todesfall leid und ich war natürlich auch nicht davon ausgenommen, weil z.B. mein Vater schon verstorben ist.
Memento von Mascha Kaléko (1907 – 1975) aus: Verse für Zeitgenossen
Vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang,
Nur vor dem Tode derer, die mir nah sind.
Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?
Allein im Nebel tast ich todentlang
Und laß mich willig in das Dunkel treiben.
Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben.
Der weiß es wohl, dem gleiches widerfuhr;
– Und die es trugen, mögen mir vergeben.
Bedenkt: den eignen Tod, den stirbt man nur,
Doch mit dem Tod der andern muß man leben.
Ich wünsche Euch bis dahin stets eine handbreit Wasser unter dem Kiel eurer Lebensreise. Euer Peter